Ausgangslage
Der Bahnweg liegt im Stadtteil Bürgerfelde im Nordwesten von Oldenburg. Als „Bürgerfeld“ wurde die städtische Allmende bezeichnet, die vorwiegend als Weideland genutzt wurde.
Die Gegend im Stadtnorden scheint zu der Zeit wenig attraktiv gewesen zu sein: Das nahegelegene Gut Alexanderhaus
war seit 1702 mitten in unfruchtbarer Heide entstanden und die Kultivierung des nötigsten Landes nur unter größten Schwierigkeiten möglich gewesen.
aus: Oldenburgische Familienkunde Jahrgang 2 Heft 4, Seite 35
In dem oben zitierten Artikel werden auch ausführlich die Schwierigkeiten der Kultivierung des Landes beschrieben.
Anfang des 19. Jahrhunderts existierten in diesem Gebiet noch keine befestigten Straßen. Der gesamte Fernverkehr Richtung Norden und Westen lief damals über unbefestigte Wegstrecken. Der Wegeverlauf entspricht dabei weitgehend der heutigen Alexanderstraße, konnte aber auch je nach Wetter und Jahreszeit unterschiedlich sein. So verlief der Weg im Bereich zwischen der Ofenerdieker Bäke und der Südbäke in einem Bogen rechts von der heutigen Alexanderstrasse um tieferliegende nasse Flächen zu umgehen. Dieser Weg ist als „streichender Weg“ in einer Karte aus dem Jahre 1762 eingezeichnet. Er markiert auch die Grenze zwischen der uneingeschränkten Allmende der Stadt Oldenburg westlich des Weges und einer eingeschränkteren Form (Mitweide) östlich des Weges.
Der heutige Bahnweg liegt in diesem Grenzbereich des streichenden Wegs.
Die wenigsten Straßen hatten Namen sondern wurden meist nach markanten Orten bezeichnet, wie „Weg hinter dem alten Stadtbusch“ oder „Landstrasse von Wiefelstede“. Das führte in Einzelfällen zu länglichen Beschreibungen, wie „Weg nach der Bullenwisch vom Scheideweg bis zum Wege hinter Harms Haus“.
Es ist gerade auf den älteren Karten nicht immer einfach, sich zu orientieren. Wegmarken, wie Alexanders Haus, der Gertrudenfriedhof oder die Wasserläufe können hier helfen. Auf späteren Karten ist es für unsere Gegend eigentlich immer der Bürgerbusch, der in seiner ursprünglichen Kontur bis heute existiert.
Die Landesbibliothek Oldenburg hat in den digitalisierten Beständen sehr gute Literatur zum Thema Straßen. Leider fehlt in der sehr umfangreichen Aufstellung des Historikers Dietrich Kohl gerade der Bahnweg.
Was sonst noch so los war…
In die Zeit fallen weitere Umwälzungen von Bedeutung, wie die Einführung einheitlicher Maße und Gewichte sowie eine präzisere einheitliche Zeitmessung.
Ausbau und Befestigung des Fernstrassennetzes veränderten damals auch die Hauptverkehrsströme. Richtung Westen wurde wurde eine neue Strasse gebaut, die über die heutige Ofener Straße -Ammerländer Heerstrasse führte, während der Verkehr in Richtung Norden über die heutige Nadorster Strasse Richtung Rastede geleitet wurde. Damit war der noch nicht ausgebaute „streichenden Weg“ bzw die heutige Alexanderstrasse nur noch von lokaler Bedeutung.
Die Anfänge: Aufteilung der Allmende
Das heutige Strassenraster mit der Alexanderstraße als Hauptachse ist das Ergebnis einer Planung aus der Zeit von 1810-1820.
Grundlage war eine Karte des „Vermessungskondukteurs“ Hüner von 1794.

Der obige Kartenausschnitt zeigt im rechten Teil ein Wegenetz mit der heutigen Nadorster Straße als Hauptachse. Der Bürgerbusch ist mit seiner rautenförmigen Struktur in der oberen Bildmitte gut erkennbar. Südlich davon ist die Feldstraße mit einigen Häusern eingezeichnet.
Auf der großen Fläche links vom Bürgerbusch ist mit roten Linien ein Strassenraster eingeplant, das außen an bereits bestehende Wege anschließt. So wird die Feldstraße südlich vom Bürgerbusch direkt an das geplante Raster angeschlossen, wobei das strenge Raster hier ein Abknicken des Wegeverlaufs erfordert.
Der streichende Weg ist hinter dem Planungsraster nur noch als Trennlinie zwischen den verschiedenfarbigen Flächen zu erahnen. Stattdessen sollte die Strecke zwischen den beiden Wasserläufen in dem geplanten Raster geradling durchquert werden. Vom Alexandershaus im Norden bis zur Querung der Südbäke ist ein Weg eingezeichnet, der exakt dem Verlauf der heutigen Alexanderstraße entspricht.

Auf einer 20 Jahre später veröffentlichen Karte von Hundertpfund ist die Planung deutlicher sichtbar. Auch hier endet das beplante Gebiet am „Weg an der Westseite des alten Stadtbusches“.
Im Prinzip entspricht der Verlauf der Straßen auch heute noch diesem Entwurf. Die heutige Alexanderstraße ist hier als Hauptachse gut erkennbar. Auch der Bürgerbusch ist um 1800 bereits in seiner heutigen Form auf der Karte erkennbar. Er ist dort als „Stadt Busch“ eingezeichnet. Rechts von der Alexanderstraße verläuft in ca. 210m Entfernung der „Weg an der Westseite des alten Stadtbusches“ von der Feldstraße bis zum heutigen Bürgerbuschweg, was heute dem Banater Weg und dem unteren Teil des Bahnwegs entspricht. Das präzise Straßenraster darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass diese Wege damals noch weitgehend unbefestigt waren.

Die Situation unmittelbar vor dem Bau der Bahn zeigt die Karte von Hotes sehr deutlich. Sie entspricht im wesentlichen dem 50 Jahre zuvor erstellen Entwurf. Die Flurstücke sind allerdings durchweg größer, als im Plan von 1803. Jetzt ist auch der kleine Bürgerbusch eingezeichnet. Im Unterschied zu den früheren Karten ist jetzt das komplette Gebiet bis an den Bürgerbusch in Flurstücke aufgeteilt. Noch sind die Flächen meist unbebaut. Lediglich an der „Strasse von Westerstede“ (heute Alexanderstraße) ist der Hof „Klävemann“ hinzugekommen.
Zur Orientierung habe ich den späteren Verlauf der Bahntrasse durch eine gestrichelte Linie eingezeichnet. Dies zeigt die Ausgangssituation: Die Bahntrasse durchschneidet zwischen Feldstrasse und Bürgerbuschweg insgesamt 5 Flurstücke sowie eine Strassenkreuzung.
Bau der Eisenbahn
Die diagonal zum Strassenraster verlaufende Bahntrasse nach Wilhelmshaven läuft in Bürgerfelde an einigen Stellen quer über vorhandene Strassenkreuzungen. Der „Weg an der Westseite des alten Stadtbusches“ wurde auf einer vorhandenen Wegekreuzung rechts vom Gutshof (Klävemann bzw. Haake) durchschnitten, ebenso die Strasse von Wiefelstede (heute Alexanderstrasse) auf Höhe der einmündenden Feldstrasse.
Während aber sowohl an der Alexanderstrasse als auch am Bürgerbuschweg Übergänge eingerichtet wurden verzichtete man am Weg an der Westseite des Bahnbusches auf einen Übergang mit folgenden Konsequenzen:
- Der obere (nördliche) Abschnitt des Wegs an der Westseite des Stadtbusches endet als Sackgasse an der Bahnstrecke. Er entspricht heute dem Banater Weg.
- Der südliche Wegabschnitt wurde zum ersten Teil des Bahnwegs.
- Der Wegabschnitt rechts in den Bürgerbusch blieb mit dem Bahnweg verbunden und existiert bis heute als Wirtschaftsweg.
- Der Wegabschnitt zwischen Alexanderstraße und Kreuzung wurde bereits vor dem Bau der Bahn aufgehoben. Der Eigentümer des angrenzenden Gutshofes störte sich an dem nahe an seinem Haus vorbeiführenden Weg. Die Stadt verkaufte die Flächen an den Hofbesitzer. Die Reste dieser Wegachse kann man aber noch immer erahnen. Rechts vom Gelände des Aldi-Markts ist noch eine Baumreihe Wallhecke, die von der Bahn aus Richtung Gutspark führt.
Auf den abgetrennten Flurstücken rechts von der Bahn wurden die ersten Häuser des Bahnwegs gebaut.

Die obige Karte von 1869 zeigt die ersten 4 Häuser des Bahnwegs. Hier im Bild sind die Häuser durch rote Kreise markiert. Die Anfänge des Bahnwegs liegen also in der Zerteilung des Wegs an der Westseite des alten Stadtbusches und der Abtrennung von Flächen durch den Bahnbau.