Ausgangslage

Der Bahnweg liegt im Stadtteil Bürgerfelde im Nordwesten von Oldenburg. Als „Bürgerfeld“ wurde die städtische Allmende bezeichnet, die vorwiegend als Weideland genutzt wurde.

Anfang des 19. Jahrhunderts existierten in diesem Gebiet noch keine befestigten Straßen. Der gesamte Fernverkehr Richtung Norden und Westen lief damals über unbefestigte Wegstrecken. Der Wegeverlauf entspricht dabei weitgehend der heutigen Alexanderstraße, konnte aber auch je nach Wetter und Jahreszeit unterschiedlich sein. Im Bereich zwischen der Ofenerdieker Bäke und der Südbäke lief der Weg in einem Bogen rechts von der heutigen Alexanderstrasse um tieferliegende nasse Flächen zu umgehen. Dieser Weg ist als „streichender Weg“ in einer Karte aus dem Jahre 1762 eingezeichnet. Er markiert auch die Grenze zwischen der uneingeschränkten Allmende der Stadt Oldenburg westlich des Weges und einer eingeschränkteren Form (Mitweide) östlich des Weges.

Der heutige Bahnweg liegt in diesem Grenzbereich des streichenden Wegs.

Die Anfänge: Aufteilung der Allmende

Grundlage für das heutige Strassenraster mit der Alexanderstraße als Hauptachse ist das Ergebnis einer Planung aus der Zeit von 1810-1820.

Grundlage ist eine Karte des „Vermessungskondukteurs“ Hüner von 1794.

Ausschnitt aus der Oldenburgischen Vogteikarte Nr. 14 b von 1794 mit den rot eingezeichneten projektierten Straßen aus der Zeit von 1810…1820

Der obige Kartenausschnitt zeigt im rechten Teil ein Wegenetz mit der heutigen Nadorster Straße als Hauptachse. Der Bürgerbusch ist mit seiner rautenförmigen Struktur in der oberen Bildmitte gut erkennbar. Südlich davon ist die Feldstraße mit einigen Häusern eingezeichnet.

Auf der großen Fläche links vom Bürgerbusch ist mit roten Linien ein Strassenraster eingeplant, das außen an bereits bestehende Wege anschließt. So wird die Feldstraße südlich vom Bürgerbusch direkt an das geplante Raster angeschlossen, wobei das strenge Raster hier ein Abknicken des Wegeverlaufs erfordert.

Der streichende Weg ist hinter dem Planungsraster nur noch als Trennlinie zwischen den verschiedenfarbigen Flächen zu erahnen. Stattdessen sollte die Strecke zwischen den beiden Wasserläufen in dem geplanten Raster geradling durchquert werden. Vom Alexandershaus im Norden bis zur Querung der Südbäke ist ein Weg eingezeichnet, der exakt dem Verlauf der heutigen Alexanderstraße entspricht.

Ausschnitt aus einer Karte der Landesbibliothek Oldenburg

Auf einer 20 Jahre später veröffentlichen Karte von Hundertpfund ist die Planung deutlicher sichtbar. Auch hier endet das beplante Gebiet am „Weg an der Westseite des alten Stadtbusches“.

Im Prinzip entspricht der Verlauf der Straßen auch heute noch diesem Entwurf. Die heutige Alexanderstraße ist hier als Hauptachse gut erkennbar. Auch der Bürgerbusch ist um 1800 bereits in seiner heutigen Form auf der Karte erkennbar. Er ist dort als „Stadt Busch“ eingezeichnet. Rechts von der Alexanderstraße verläuft in ca. 210m Entfernung ein Weg, der als „Weg an der Westseite des alten Stadtbusches“ von der Feldstraße bis zum heutigen Bürgerbuschweg führt. Das präzise Straßenraster darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass diese Wege damals noch weitgehend unbefestigt waren.

Allgemeine Lage

Die wenigsten Straßen hatten Namen sondern wurden meist nach markanten Orten bezeichnet, wie „Weg hinter dem alten Stadtbusch“ oder „Landstrasse von Wiefelstede“. Das führte in Einzelfällen zu länglichen Beschreibungen, wie „Weg nach der Bullenwisch vom Scheideweg bis zum Wege hinter Harms Haus“.

Die Gegend im Stadtnorden scheint zu der Zeit wenig attraktiv gewesen zu sein: Das nahegelegene Gut Alexanderhaus

war seit 1702 mitten in unfruchtbarer Heide entstanden und die Kultivierung des nötigsten Landes nur unter größten Schwierigkeiten möglich gewesen.

aus: Oldenburgische Familienkunde Jahrgang 2 Heft 4, Seite 35

In dem oben zitierten Artikel werden auch ausführlich die Schwierigkeiten der Kultivierung des Landes beschrieben.

Ausbau und Befestigung des Straßennetzes veränderten damals auch die Hauptverkehrsströme. So verlagerte sich der Fernverkehr Richtung Norden und Westen sich vom „streichenden Weg“ auf die heutige Ofener Straße (Richtung Westen) bzw. Nadorster Str. (Richtung Norden). Die heutige Alexanderstraße war nur noch von lokaler Bedeutung.

In die Zeit fallen weitere Umwälzungen von Bedeutung, wie die Einführung einheitlicher Maße und Gewichte sowie eine präzisere einheitliche Zeitmessung.

Die Situation unmittelbar vor dem Bau der Bahn zeigt die Karte von Hotes sehr deutlich. Sie entspricht im wesentlichen dem 50 Jahre zuvor erstellen Entwurf. Die Flurstücke sind allerdings durchweg größer, als im Plan von 1803. Jetzt ist auch der kleine Bürgerbusch eingezeichnet. Im Unterschied zu den früheren Karten ist jetzt das komplette Gebiet bis an den Bürgerbusch in Flurstücke aufgeteilt. Noch sind die Flächen meist unbebaut. Lediglich an der „Strasse von Westerstede“ (heute Alexanderstraße) ist der Hof „Klävemann“ hinzugekommen. Die gestrichelte grüne Line zeigt den späteren Verlauf der Bahntrasse. Sie ist nur zur Orientierung eingefügt.

Bau der Eisenbahn

Die Bahntrasse nach Wilhelmshaven läuft diagonal zum Strassenraster in Bürgerfelde, wobei die Bahn an einigen Stellen quer über vorhandene Strassenkreuzungen gelegt wurde. Der „Weg an der Westseite des alten Stadtbusches“ wurde so exakt auf einer vorhandenen Wegekreuzung rechts vom Gutshof (Klävemann bzw. Haake) durchschnitten, ebenso die Strasse von Wiefelstede (heute Alexanderstrasse) auf Höhe der einmündenden Feldstrasse.

Während aber sowohl an der Alexanderstrasse als auch am Bürgerbuschweg Übergänge eingerichtet wurden verzichtete man am Weg an der Westseite des Bahnbusches auf einen Übergang mit folgenden Konsequenzen:

  • Der obere (nördliche) Abschnitt des Wegs an der Westseite des Stadtbusches entspricht heute dem Banater Weg.
  • Der südliche Wegabschnitt wurde zum ersten Teil des Bahnwegs.
  • Der Wegabschnitt zwischen Alexanderstraße und Kreuzung wurde bereits vor dem Bau der Bahn aufgehoben. Der Eigentümer des angrenzenden Gutshofes störte sich an dem nahe an seinem Haus vorbeiführenden Weg. Die Stadt verkaufte die Flächen an den Hofbesitzer. Die Reste dieser Wegachse kann man aber noch immer erahnen. Rechts vom Gelände des Aldi-Markts ist noch eine Baumreihe Wallhecke, die von der Bahn aus Richtung Gutspark führt.
  • Der Wegabschnitt rechts in den Bürgerbusch existiert bis heute als Wirtschaftsweg.

Die drei Flurstücke links vom Bürgerbusch sowie die Flurstücke südlich vom Hof Klävemann wurden durch den Bahnbau jeweils in zwei Flächen zerteilt. Auf diesen abgetrennten Flurstücken rechts von der Bahn wurden die ersten Häuser des Bahnwegs gebaut.

Die obige Karte von 1869 zeigt die ersten 4 Häuser des Bahnwegs. Hier im Bild sind die Häuser durch rote Kreise markiert. Die Anfänge des Bahnwegs liegen also in der Zerteilung des Wegs an der Westseite des alten Stadtbusches und der Abtrennung von Flächen durch den Bahnbau.