Die Geschichte des Bahnwegs wird erst richtig verständlich im Kontext mit den Ereignissen zu den jeweiligen Zeiträumen. Für die Jahre vor 1900 werde ich das noch vertiefen.
Für die Zeiträume der Weltkriege ist das offensichtlich: Von 1914 bis 1930 und von 1936 bis 1946 wurde kein Haus am Bahnweg neu gebaut.
Nach dem 2. Weltkrieg begann die Aufbauphase in den 50er Jahren. Um weitere Häuser bauen zu können wurden vielfach größere Grundstücke in mehrere kleinere Baugrundstücke aufgeteilt. Zur Erschließung der Grundstücke wurden oft kurze Stichstraßen gebaut. Eine weitere Voraussetzung für die dichtere Bebauung war sicherlich auch der Anschluss an Wasserversorgung und das Abwassernetz. Die älteren Häuser waren weitgehend autark, was aber ausreichend Platz für Brunnen und Abwasserbehandlung erforderte.
Auch der krumme Bahnweg wurde in der Zeit festgelegt.
Einen Umbruch gab es dann in den 70ern, der möglicherweise mit dem Bau der Eisenbahn 100 Jahre zuvor vergleichbar war. In dieser Zeit wurde der aktuelle Bebauungsplan für den dicken Bahnweg (mit der von-Borries-Straße) festgelegt. Daher hier ein Exkurs in die 70er.:
Von der Umgehungsstraße zur Autobahn
In den 70er Jahren war der Blick in die Zukunft gerichtet, schneller – höher- weiter war angesagt. Der Bau der heutigen Autobahn A28 hatte damals zunächst als Ausbau der Bundesstraße 75 begonnen, wo in Delmenhorst, Oldenburg und Westerstede Umgehungsstraßen gebaut wurden.
Mir selbst ist die Baumaßnahme in Westerstede noch in Erinnerung, wo der erste Abschnitt (von der heutigen Anschlußstelle „Westerstede West“ bis etwa zur heutigen Anschlußstelle Westerstede) aus Richtung Leer zunächst noch zweispurig als Bundesstraße gebaut wurde. Der zweite Bauabschnitt (bis „Bad Zwischenahn West“) wurde dann vierspurig mit Mittelleitplanke aber ohne Standstreifen gebaut. Das Ende der Umgehungsstraße wurde dann schon als Übergang zur Autobahn angelegt, die dann wenige Jahre später durchgehend bis Oldenburg fertiggestellt wurde. Über Jahre hinweg endete dann die Autobahn aus Richtung Oldenburg kommend kurz vor Westerstede, ging dann in eine vierspurige Straße über, die dann ab Anschlußstelle Westerstede zweispurig auf die Bundesstraße 75 nach Hesel führte. Erst später wurde dann die komplette Strecke bis zur Holländischen Grenze als Autobahn ausgebaut.
Insbesondere in Oldenburg ist bis heute erkennbar, dass die Umgehungsstraße ursprünglich nicht als Autobahn geplant war: Im Bereich vieler Brücken fehlt auch heute noch der Standstreifen und auch das Dreieck Oldenburg -West schien schon beim Bau unterdimensioniert zu sein und entspricht aus heutiger Sicht eher einer Autobahnabfahrt als einem Autobahnknoten.
Auch die alte Ortsumgehung Westerstede ist noch erkennbar: Die Anschlussstelle „Bad Zwischenahn West“ ist bis heute nur aus Richtung Leer befahrbar. Bis zur Fertigstellung der Autobahn ging der gesamte Verkehr dort weiter über ausgebaute Landstraßen nach Bad Zwischenahn und von dort weiter nach Oldenburg. Nach dem Bau der Autobahn blieb der Anschluss erhalten, wurde aber auch nicht zu einem vollen Autobahnanschluss ausgebaut. In Oldenburg gibt es vergleichbar den Anschluss Marschweg, der ebenfalls nur aus einer Richtung befahrbar ist.
Die Abfahrt Westerstede wurde beim Ausbau der Umgehung um 500m nach Osten verlegt, weil die alte Abfahrt zu beengt war, um den Anforderungen an eine Autobahnabfahrt zu genügen.
Die Euphorie einer autogerechten Stadt scheint dann aber recht bald beendet gewesen zu sein, denn die Nordtangente in Oldenburg endet bis heute an der A29 an einem Zaun und es fehlt weniger als 1km für eine Anbindung an die Landesstaße Richtung Berne – was aus heutiger Sicht wieder verwunderlich ist, denn so müssen alle Autofahrer, die von der A29 Richtung Berne fahren wollen, kilometerlange Umweg in Kauf nehmen, obwohl nur wenige 100m Straße fehlen, um den Anschluß herzustellen…
Der Fliegerhorst
Der gesamte Stadtnorden war zu der Zeit durch den Lärm der startenden und landenden Flugzeuge auf dem Nato-Flugplatz beeinträchtigt. Nicht zuletzt deswegen war der Verkehrslärm durch Straßen und Bahn sicherlich zweitrangig.
Auf der Karte sind die Startbahnen zwar nicht eingezeichnet (eine sicherlich längst nicht mehr existierende Straße kreuzt links im Bild die Schutzzone I) – es ist aber deutlich die Flugrichtung erkennbar. Diese Schutzzonen waren erst wenige Monate vor Erstellung des Stadtteil-Entwicklungsprogramms veröffentlicht worden. Auch hier ist der Scan verzerrt weil die Karten beim Scan nicht plan auflagen. Die Bahntrasse liegt genau im Falz und ist kaum erkennbar, der Bürgerbusch ist dagegen gut erkennbar. Er liegt mit der oberen Hälfte in der Lärmschutzzone II.
Die Eisenbahn
Die Euphorie im Straßenbau stand im Widerspruch zur den Plänen bei der Bahn. Streckenstillegungen waren dort angesagt und auch die „Gummibahn“ Richtung Brake wurde durch den Bau der A29 endgültig stillgelegt. Hätte man seinerzeit die Bahntrasse freigehalten wäre die Bahnumgehung heute sicherlich kaum ein Problem, denn die Strecke führte östlich an Oldenburg vorbei und hätte sicherlich hinter Rastede vorbei an die Strecke nach Wilhelmshaven gelegt werden können.
Damals war aber die Stadtstrecke noch nicht umstritten. Im Gegenteil: Eine Hochlegung der Bahntrasse von der Alexanderstraße bis nach Ofenerdiek war geplant. Der Aufwand wäre sicherlich erheblich gewesen, weil davon nicht nur die Hauptstrecke betroffen gewesen wäre, sondern auch der Bahnanschluss an den Fliegerhorst und den Großmarkt. Diese Pläne stammen aber erst aus einer späteren Zeit, denn zumindest waren in dieser Planung Fußgänger und Radfahrer berücksichtigt, weil an einigen Stellen des Bahndamm Durchlässe für Fußgänger und Radfahrer vorgesehen waren.